Architektur mit Köpfchen

Künstliche Intelligenz denkt Bauen komplett neu. Kajetan Szostok vom Münchener Architekturbüro CSMM erklärt im Interview, warum das Planungs- und Beratungsunternehmen nun sogar ein eigenes AI Competence Center aufbaut.

Herr Szostok, CSMM plant gerade ein AI Competence Center für KI-unterstützte Architekturplanung. Was verrät dieser Schritt über die Rolle der KI in der Architektur?

Es besteht kein Zweifel, dass die KI in unserer Branche bereits tief verankert ist. Es handelt sich hier nicht um einen vorübergehenden Trend. KI verändert unsere Arbeitsweise grundlegend – nicht nur durch spezifische Werkzeuge und Lösungen, sondern indem sie das Denken und die Herangehensweise an Projekte neu definiert. Wir sind der tiefen Überzeugung, dass KI enorme Potenziale zur Prozessoptimierung und -beschleunigung in unserer täglichen Arbeit bietet – und haben uns deshalb zu diesem Schritt entschieden. Das Zentrum wird die Nutzung von KI bei CSMM koordinieren, die Auswahl geeigneter Tools kuratieren und neue Möglichkeiten erforschen. Eine weitere Aufgabe wird sein, den sich schnell entwickelnden Markt im Auge zu behalten, um zu entscheiden, welche Innovationen sinnvollerweise integriert werden sollten.

Welche Ziele verfolgen Sie?

Die Forschungsziele des AI Competence Centers gliedern sich in vier Hauptbereiche: generative Planung, städtebauliche Massenstudien, nachhaltige Lösungen und Wettbewerbsstrategien. Jeder Bereich wird separat entwickelt, während wir den Markt genau beobachten. Viele Tools befinden sich noch im Anfangsstadium, aber sie könnten bald schon zu wertvollen Helfern werden. Wir wählen sorgfältig geeignete Software für Tests und Implementierungen aus, um sie letztlich in den offiziellen Arbeitsablauf aufzunehmen. Neben Forschung und Implementierung arbeiten wir eng mit unseren anderen Kompetenzzentren zusammen, um spezifisch angepasste Lösungen zu entwickeln, die Kreativität zu fördern und die Arbeit unseres Teams zu erleichtern. Diese bereichsübergreifenden Meetings führen oft zu neuen Arbeitsabläufen und einem fruchtbaren Austausch an Ideen und Erfahrungen.

Wie hilft Ihnen KI, den CO2-Fußabdruck von Projekten präziser zu berechnen und nachhaltigere Entscheidungen zu treffen?
Mithilfe der Künstlichen Intelligenz können wir große Datenmengen verwalten und wir wollen diese Daten in allen Projektphasen nutzen. Bereits in frühen Entwurfsphasen können wir KI-Tools einsetzen, um grob den Energieverbrauch oder CO2-Fußabdruck unserer Vorschläge zu bewerten. Dies ermöglicht unseren Kund*innen einen direkten Vergleich von Varianten. Später helfen komplexere KI-Tools dabei die Analysen zu verfeinern.

Welche speziellen KI-Tools nutzen Sie aktuell und welche Vorteile bieten diese in den frühen Entwurfs- und Planungsphasen?

Wir verwenden ChatGPT für verschiedene Alltagsaufgaben, von Recherchen bis zur Erstellung maßgeschneiderter GPTs. Grafikmodelle wie Midjourney und LookX unterstützen uns bei Entwurfsiterationen und Stimmungsbildern. Wir nutzen Magnific AI zur Bildverbesserung, Luma, Runway beziehungsweise Krea für Animationen und untersuchen Tools wie Qubik und Laiout für die Plangenerierung. Diese Tools ermöglichen eine schnellere Entscheidungsfindung und fundiertere Entwurfsentscheidungen.

Wie verändert KI die Abläufe?

Für mich schafft KI eine neue Denkweise – eine Offenheit für neue Lösungen und innovative Ansätze. Mit KI-generierten Bildern können wir Ideen, Stimmungen und Atmosphären in einem Team oder gegenüber Kund*innen schneller und präziser kommunizieren. Schnelle Iterationen ermöglichen es uns, unsere Ziele klarer zu definieren.

CSMM nutzt seit über einem Jahrzehnt Building Information Modeling (BIM). Wie integriert das KI-Kompetenzzentrum die bestehenden BIM-Daten in die neuen KI-basierten Prozesse?

Unser AI Competence Center arbeitet eng mit unserem BIM Competence Center zusammen. Gemeinsam evaluieren und implementieren wir Lösungen für generative Entwürfe, städtebauliche Studien und mehr Nachhaltigkeit. Auch KI-gestütztes Skripting wird erforscht, um Datenverarbeitung innerhalb und außerhalb unserer BIM-Dateien zu automatisieren und für KI-basierte Nachhaltigkeitsmodelle nutzbar zu machen.

Sie erwähnen, dass KI den Designprozess beschleunigt und mehr Gestaltungsoptionen bietet. Wie?

KI hat unseren Gestaltungsansatz dahingehend verändert, als dass wir in visuellen Medien nun mehrere Lösungen generieren können. Wir nutzen diese Tools zur Erstellung von Stimmungsbildern, für Wettbewerbsbeiträge und Design-Iterationen. Die durch KI gestützten Workflows beschleunigen unsere Arbeit, ermöglichen mehr Optionen und erhöhen die Qualität unserer Entwürfe, was unsere Kommunikation mit Kund*innen verbessert und den Entscheidungsprozess vereinfacht.

Verändert KI auch die architektonische Ästhetik selbst?

Die Ästhetik, die durch generative Modelle entsteht, ist faszinierend. Für mich ist KI mehr als ein Werkzeug – es ist ein „Designpartner“. Wichtig bleibt, dass der Mensch die Kontrolle behält und die KI zur Umsetzung eigener Visionen nutzt, statt sich von ihr leiten zu lassen. Bei CSMM achten wir darauf, die Grenzen der Werkzeuge zu erforschen und voneinander zu lernen, um KI optimal zu nutzen.