Bauen für das Klima

Der Ressourcenverbrauch der Bauwirtschaft erreicht Höchstwerte. Sechs Thesen, wie man dagegen hält.

Der aktuelle Emissionsbericht des Umweltbundesamtes zeigt: Die Vorgaben für den Klimaschutz in Deutschland wurden deutlich verfehlt. Als Plädoyer für einen visionären Umgang mit der Zukunft hat das Planungs- und Beratungsunternehmen CSMM das Motto „Re:build the future“ zu seinem Leitmotiv bestimmt. Mit den folgenden sechs Maßnahmen der Bauwirtschaft kann aus Sicht des geschäftsführenden Gesellschafters von CSMM Timo Brehme Klimaschutz tatsächlich funktionieren.

SANIERUNG STATT NEUBAU
2021 wurden laut Statistischem Bundesamt rund 14.090 Gebäude abgerissen – knapp 40 Gebäude pro Tag. Um bis 2045 klimaneutral zu werden, dürfte es ab 2030 eigentlich keinen Neubau mehr geben. Timo Brehme meint: „Wir sollten grundsätzlich bei jedem Projekt abwägen, ob es sich lohnt den Gebäudebestand zu erhalten. Sanierung, Weiterentwicklung und energetische Verbesserung von Bestandsgebäuden bleiben das wirksamste Mittel gegen die Energie- und Klimakrise.“ Der Rohbau eines neuen Gebäudes macht nur etwa 40 Prozent der Baukosten, aber bis zu 80 Prozent des Energieverbrauchs aus. Deshalb lohne es sich, alter Bausubstanz ein zweites Leben zu schenken. Ein Beispiel: Die unter dem Namen „Fritz“ bekannte und 1973 erbaute Gewerbeimmobilie in der Münchner Innenstadt. Mit dieser setzte CSMM ein vielfach gelobtes Zeichen für Revitalisierung und nachhaltige Bebauung im Bestand.

WENIGER FLÄCHE PRO MENSCH
Der Flächenverbrauch pro Kopf lag 1950 in Deutschland bei 14 Quadratmetern – heute stehen pro Person mehr als 47 Quadratmeter zur Verfügung. In Bürogebäuden waren es pro Arbeitsplatz zeitweise bis zu 40 Quadratmeter. „Weniger Fläche bedeutet auch weniger Energieverbrauch“, erklärt Brehme. Über eine intelligente Nutzung reduziert CSMM den Flächenbedarf im Office-Bereich um bis zu 50 Prozent. Desk Sharing-Konzepte leisten in der Arbeitswelt von heute einen wichtigen ökologischen Beitrag. Hybrides Arbeiten ermöglicht eine Raumnutzung mit weniger Fläche pro Arbeitsplatz.

24 STUNDEN-INFRASTRUKTUR VON GEBÄUDEN
„Architekten und Planer stehen vor der Herausforderung, eine architektonische Hülle zu entwerfen, die im Laufe der Zeit viele verschiedene Nutzungen aufnehmen kann. Wir sprechen von Möglichkeitsarchitektur, die idealerweise schon in ihrem Entwurf hybrid angelegt ist“, meint Brehme. Einem Sharing-Ansatz folgend, setzt CSMM auf die Gestaltung hybrider Gebäude, die sich durch eine gemeinschaftlich nutzbare Infrastruktur ausweisen und so trotz Nutzungswechsel langfristig Bestand haben. Ermöglicht wird dies durch einen intelligenten Mix aus Flächen für Gastronomie, Hotellerie, Wohnen und Retail mit 24-Stunden-Infrastruktur. Wird beispielsweise die Haustechnik durch alle Sondereinheiten einheitlich genutzt, entstehen Energiesparpotenziale.

RAUM-IN-RAUM-SYSTEME
Häufige Mieterwechsel führen jährlich zu Tonnen an Büroausbauten, die weit vor dem Ende ihres Lebenszyklusses ausgedient haben. Raum-in-Raum-Konzepte ermöglichen dagegen eine ressourcenschonende Nutzung von Büroflächen – auch bei hoher Fluktuation. Je flexibler und ortsungebundener Unternehmen arbeiten, desto wichtiger werden Einrichtungselemente, die schnell und kostengünstig sowie leicht adaptierbar in immer wieder neue Bürolandschaften eingesetzt werden können. CSMM haben mit ihren nachhaltigen Raum-in-Raum-Konzepten Lösungen für die Bürowelt entwickelt. Timo Brehme weiß: „Dabei muss man nicht auf eine markenkonforme Gestaltung zur klaren Wiedererkennbarkeit des Corporate Designs eines Unternehmens verzichten.“

WIEDERVERWERTETE & ÖKOLOGISCH PRODUZIERTE PRODUKTE
In der Ausgestaltung von Räumen sollte grundsätzlich ein kreislaufwirtschaftlicher Ansatz verfolgt werden. Das bedeutet: Es müssen Produkte zum Einsatz kommen, die nach ihrer Nutzung trenn- und wiederverwertbar sind. Verbundstoffe sind ein No-go, weil sie nicht recycelbar sind oder aus einem Materialienmix bestehen, der nur mit großem Aufwand separiert werden kann. Außerdem tragen Materialien und Rohstoffe, deren Transport, Entnahme und Verarbeitung in vielen Zwischenschritten und mit viel Energieaufwand stattfindet, massiv zur negativen CO2-Bilanz bei. „Materialdatenbanken mit ökologischen Kennzahlen zur Herstellungsphase von Produkten, die Angaben zum Aufwand nicht erneuerbarer Primärenergie, dem globalen Erwärmungspotenzial oder dem Versauerungspotenzial von Boden und Wasser enthalten, schaffen Abhilfe“, so Brehme.

GEBÄUDE ALS BAUSTOFFLAGER
Entscheidende Energieeinsparungen im Bausektor sind über den Cradle-to-Cradle-Ansatz zu erreichen. Das Baumaterial von Gebäuden sortenrein zu trennen und es wiederzuverwenden, anstatt zu entsorgen, muss aus Brehmes Sicht zukünftig zur Norm werden. So sinkt nicht nur der Energieeinsatz beträchtlich, sondern der gesamte Ressourcenverbrauch. Kreislaufwirtschaft mit lebenszyklusorientierter Wahl der Baustoffe und -konstruktionen ist der wichtigste Hebel für den Klimaschutz und kann laut Statistiken bis zu 25 Prozent geringere CO2-Emissionen für die Konstruktion und den Energieeinsatz in der Nutzungsphase ausmachen. Der Einsatz digitaler Bauteilbörsen und Datenbanken, die Energieverbrauchswerte für den Rückbau und Recyclingmöglichkeiten jedes einzelnen Materials zuverlässig vermitteln, sind ein wesentlicher Schritt.