Digital ist besser

Building Information Modelling (BIM) ist eines der Buzzwords am Bau. Was dahinter steht, erklärt die Geschäftsführerin planen-bauen 4.0 GmbH Inga Stein-Barthelmes im Interview.

BIM ist eines der großen Schlagworte am Bau. Wofür steht es? Building Information Modelling ist ein Instrument für Planung, Ausführung und Betrieb, das die Arbeit sämtlicher Fachplaner*innen und Bauausführenden vereinfacht. Alle an der Planung oder am Bau Beteiligten sind über diese digitale Vernetzung auf dem gleichen und neuesten Stand. Nehmen wir das stark vereinfachte Beispiel einer Mauer: Wenn in BIM definiert ist, aus welchem Material sie besteht, welche Maße sie hat und wo sie genau steht – dann ist die Information für alle klar verfügbar. Im Hochbau sind Gebäude mit Klima-, Fahrstuhl- und Tiefgaragenanlangen oder Bewässerung für Garten und Co. oft hochkomplex. Bauherr*innen stehen unter zeitlichem und finanziellem Druck; das Ganze muss energieeffizient und am besten CO2-neutral sein. Wenn Planung und Bau in einem Guss geschehen, erleichtert das die Arbeit. Das Projekt ist weniger fehleranfällig und viele Abstimmungstermine entfallen. Dazu müssen wir uns aber auf eine gemeinsame Sprache und Standards verständigen.

Wie sieht diese Sprache aus?
 Wir haben mehrere Pilotprojekte begleitet und daraus zum Beispiel Entwürfe beziehungsweise Mustervorlagen für die Auftraggeber*innen und Informationsanforderungen – die sogenannten AIAs – entworfen. Wir haben 25 Anwendungsfälle definiert, die für die öffentliche Hand, aber auch für private Bauherr*innen kostenlos nutzbar sind. Für unser BIM-Portal haben wir einen so weit wie möglich vereinheitlichten Merkmalskatalog erstellt, mithilfe dessen alle eine gemeinsame Sprache sprechen können. Wir sind allerdings mit der Entwicklung dieser Sprache längst nicht am Ende. Die nächsten Schritte sind unter anderem die automatische Prüfung der Angebote für Ausschreibungen, perspektivisch sollen zum Beispiel auch Materialien hinterlegt werden.

Wie offen sind die Baubeteiligten eine neue Sprache zu lernen?
 Wir bekommen viele Sorgen mit, wenn es um BIM geht. Planer*innen befürchten, dass ihre Arbeit obsolet wird, weil die Bauunternehmer*innen sie damit wie mit dem Küchenplaner von IKEA selbst erledigen können. Das ist natürlich nicht der Fall. Wir reden hier von komplexen Gebäuden, die anhand von BIM modellbasiert aufgestellt werden können damit jeder weiß, was zu tun ist. Wir möchten den Menschen die Angst vor BIM nehmen. Niemandem wird Arbeit weggenommen, sondern sie wird erleichtert. Mit dem Tool zu arbeiten, spart Zeit und damit Kosten.

2020 wurde das Zentrum für Digitalisierung des Bauwesens BIM Deutschland eröffnet, das von Ihrer GmbH konsortial geführt wird. Was steckt dahinter?
 2011 wurde vom damaligen Minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Peter Ramsauer die sogenannte Reformplanung Bau von Großprojekten ins Leben gerufen. Man wollte feststellen, warum es bei Bauten wie der Elbphilharmonie, dem Stuttgarter oder dem Berliner Bahnhof zu Fehlern kam. Beim Blick auf Großbritannien stellte man fest, dass dort digital geplant und gebaut wird. Sprich, dass dort Building Information Modelling betrieben wird. Hierzulande nutzten Planer*innen zwar schon digitale Tools wie CAD, aber BIM ist ganzheitlicher. Es soll deshalb perspektivisch und konsequent bei sämtlichen Projekten der öffentlichen Hand eingesetzt werden. Als Folge wurde BIM Deutschland ins Leben gerufen.

Inwieweit richtet sich das Zentrum auch an private Bauherr*innen? 
Alles, was wir erarbeiten, ist kostenlos öffentlich zugänglich und nutzbar. Die öffentliche Hand hat sich des Themas angenommen, weil sie einer der größten Bauherrinnen des Landes ist. Wir wollen eine Win-Win-Situation schaffen, in der sowohl private als auch öffentliche Bauherr*innen mit den gleichen Informationen arbeiten – und dasselbe Glossar nutzen. Damit Architekt*innen, Bauunternehmer*innen oder auch nachher Betreiber*innen genau wissen, worüber geredet wird.

Ab welcher Größe eines Bauprojekts wird BIM interessant? Ab 2025 ist BIM bei öffentlichen Projekten im Hochbau und auf der Straße konsequent anwendbar – und zwar bei solchen ab fünf Millionen Euro aufwärts. Planer*innen und Bauherr*innen, die damit bereits eingespielt sind, berichten aber oft, dass sie kein einziges Bauprojekt mehr ohne BIM umsetzen. Es lohnt sich für sie einfach – in Bezug auf den Informationsaustausch, die Zeit- und Kostenersparnis.

Ist mit einem fertig gestellten Bau der Einsatz von BIM beendet? 
Nach dem Bau beginnt das Betreiben. Dank aller eingespielten Daten wird auch das vereinfacht. Betreiber*innen können damit etwa sehen, welche Fenster eingebaut und was, wann, wo verbaut wurde. Sprich: Es hilft enorm beim Facility Management.

BIM hat auch ökologische Vorteile. Welche? Dank BIM hat man in den Planungsprozessen für Neubauten die Möglichkeit, zuverlässige Aussagen über Abfallvermeidung, Recycling und die Optimierung der Ökobilanz zu treffen. Wenn dort beispielsweise Materialien hinterlegt sind, kann es später bei einem gegebenenfalls anfallenden Rückbau das kreislaufgerechte Bauen unterstützen.

Fotos: planen-bauen 4.0 GmbH